Bäcker Akademie

Am westlichen Rand des Odenwaldes, in Weinheim an der Bergstraße, ist die „Akademie des Bäckerhandwerks“ zuhause. Manche nennen die Eliteschule auch das Epizentrum der Bäckerkompetenz.

Voller Freude reiste ich zu meinem Ortstermin bei der „Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim“. Der Begriff „Akademie“ hörte sich für mich irgendwie nach einer Art Eliteschule an, nach einer Ausbildung zum Akademiker oder nach Drill und Übung für den letzten Schliff, was dann wohl in den militärischen Bereich führte. Mir spukten während der Fahrt sogar Szenen aus den Harry-Potter-Filmen durch den Kopf.

Glücklicherweise hat Felix Rommel, ein früherer Arbeitskollege von mir, ebenfalls einen Berufswechsel vollzogen und in dieser staatlich anerkannten Meisterschule seinen Dienst als Lehrbeauftragter angetreten. Mit seinen jungen 28 Jahren ist Felix sicherlich eines der Ausnahmetalente im Deutschen Bäckerhandwerk. Für mich sind es nicht immer die Ergebnisse, die man beim Backen erzielt, die ein solches Talent auszeichnen, vielmehr ist es die Fähigkeit, seinen Wissensstand anderen Menschen mit Freude und Leidenschaft vermitteln zu können.

Felix erledigt seine Aufgabe mit viel Fachwissen und mit mindestens genau soviel Leidenschaft. Ein beseelter Profi eben. Nach dem Betreten des Foyers der Akademie bemerkte ich sogleich zwei freundliche Damen hinter dem Tresen der Rezeption. Der erste Eindruck erweckte in mir das Gefühl, in einem guten Hotel angekommen zu sein.

Höflich wurde ich nach meinem Begehr gefragt und zum Warten auf die Seite gebeten. Ein paar Minuten später stolzierte mir der 1,90 Meter große, stattliche junge Mann lächelnd entgegen. Nach einer freundlichen Begrüßung startete er mit einer Führung durch die Akademie. Felix erläuterte mir detailliert die Geschichte des Hauses, so, als wäre er schon seit Jahrzehnten vor Ort.

1906 ist der alte Akademiebau errichtet worden, also das Gebäude direkt zur Straße. Zu dieser Zeit wurden in diesem Gemäuer noch ein Hotel und ein Restaurant betrieben, das sich „Das Waldschlösschen“ nannte. 1937 erwarb die Stadt Weinheim das noch heute so genannte Waldschloss und übertrug es dem „Reichsbäckerverband Berlin“ für einen symbolischen Kaufpreis als „Maßnahme der Wirtschaftsförderung“.

Der Verband verpflichtete sich im Gegenzug, dort eine Bäckerschule zu installieren und diese auch selbst zu betreiben. Im Dezember 1938 wurde die Eröffnung zeitgemäß gefeiert. Von 1944 bis 1948 ruhte die Schule und diente zeitweilig als Kriegslazarett. Im Jahre 1946 bezog der „Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks“ erneut die Liegenschaft, siedelte aber 1948 nach Berlin um. Ab 1948 öffneten sich die Pforten der „Bäckerschule Weinheim“ wieder.

Bis 2006 wurde noch am Namen getüftelt, bis man die Bäckerschule in „Akademie Deutsches Bäckerhandwerk Weinheim“ umbenannte. 1991 wurden die Räumlichkeiten wesentlich erweitert. Ein Technologiezentrum mit Lehrbackstuben und einem Labor grenzen seither an das bereits 1955 errichtete Gästehaus. Heute stehen der Akademie drei Lehrbackstuben, fünf Seminarräume, ein IT-Schulungsraum, ein Bäckergastronomie-Trainingsbereich und ein traditionelles Backhaus mit Holzbackofen zur Nachwuchsausbildung und Erhaltung des Bäckerhandwerks zur Verfügung.

Hier werden nun nicht mehr nur Bäckermeister ausgebildet. Zu den unterschiedlichen Aufgaben zählen unter anderem berufliche Fortbildungen wie etwa die Ausbildung zum Betriebswirt des Handwerks. Aber auch Filialmanager, Verkaufstrainer, Ernährungsberater, Verkaufsleiter und Brot-Sommeliers werden dort aus- und weitergebildet. Zusätzlich bietet die Akademie Tages- und Modulseminare zu sämtlichen Themen des Bäckerhandwerks an.

Und weil hier das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist, krönte Felix Rommel die eh schon sehr beeindruckende Aufgabenstruktur mit der Existenz einer Bäckernationalmannschaft. Tatsächlich gibt es in Deutschland eine Bäckernationalmannschaft, die im Wettkampf gegen andere Länder antritt. Hier in der Akademie wird die Mannschaft geschult und koordiniert. Felix Rommel führte mich in die Lehrbäckerei.

Im Gegensatz zu den von mir besuchten Bäckereien, sieht es hier aus wie im OP-Saal einer Universitätsklinik. Unten auf den Holztischen werden die Teige verarbeitet, und auf der Tribüne oberhalb des Raumes sitzen die Studierenden wie in einem Auditorium auf klappbaren Stuhlreihen.

Ein Arbeitstisch befindet sich unten direkt vor den Sitzplätzen, und ein großer Spiegel fungiert als Videoleinwand. Aus der Vogelperspektive kann man nun das Geschehen Schritt für Schritt von jedem Platz aus genau verfolgen. „Professor Felix, ich denke, wir können nun mit dem Backen starten“, witzelte ich mit meinem früheren Arbeitskollegen.

„Wie schon im Vorfeld besprochen, möchte ich unseren Lesern gerne die Basics aus oberster fachlicher Kompetenz vermitteln. Hefeteig und Biskuitmasse sind die zwei Themen, die ich mir dabei für heute sehr gut vorstellen könnte“, schlug ich dem routinierten Bäckermeister vor. Ohne Umschweife begann Felix die einzelnen Zutaten eines klassischen Hefeteigs abzuwiegen und einen Vorteig zu kneten.

Exakt, wie es sich für eine Akademie gehört, kam bei ihm ein Kerntemperatur-Messgerät zum Einsatz. Nach dem Kneten soll der Teig, laut Akademie, eine Temperatur von 26 Grad haben. Natürlich traf der Routinier die geforderte Temperatur punktgenau, was mir aber schon vorher klar gewesen war. Allgemein muss man sagen, dass in einer guten Bäckerei immer sehr auf einen genauen Ablauf der Arbeitsschritte geachtet wird. Eben diese Genauigkeit ist letztendlich der Garant für eine gleichbleibende Qualität. Nuancen durch Außentemperaturen und Schwankungen der Mehlqualität gleicht der Bäckermeister durch seine Fachkompetenz aus.

Der Hefe-Vorteig sollte nun für zirka 30 Minuten ruhen. Für den Knetvorgang ist ein „Spiralkneter“ auf dem Lehrblatt für den Hefeteig vorgeschrieben, erst zwei Minuten auf Stufe 1 kneten, dann drei Minuten lang auf Stufe 2.

Während der Vorteig in Ruhe gärte, gingen wir zum Mittagstisch im hauseigenen Restaurant, in dem jetzt aber nur noch Personal, Schüler, Gäste und die Seminarteilnehmer bekocht werden. Früher war das Restaurant für jedermann geöffnet.

Zurück in der Lehrbäckerei wurde nun der Hefeteig fertig gestellt. Der Vorteig kam zusammen mit dem Mehl, Zucker, Butter, Milch, Salz und Eiern in den Spiralkneter, diesmal waren zwei Minuten auf Stufe 1 und vier Minuten auf Stufe 2 vorgeschrieben. Die gewünschte Teigtemperatur sollte im besten Fall wieder bei 26 Grad liegen. Auch nach dem Abschalten des Spiralkneters verlangt die Rezeptur des Teiges nach einer weiteren Ruhezeit von 20 Minuten, wobei er mit einer Folie abgedeckt wird.

Danach ging es an die Handarbeit. Zuerst wurden einzelnen Stränge abgewogen, dann formten wir Teiglinge auf dem Tisch gemeinsam zu runden Ballen, um sie anschließend wieder zu einem Strang zu „längen“, bevor es ans Flechten verschiedenster Zopfkreationen ging.

Bei halber Gare sollen die geflochtenen Zöpfe zweimal mit Eigelb abgestrichen und eventuell mit gehobelten Mandeln und Hagelzucker bestreut werden. Auch für den Backvorgang gibt es ganz klare Ansagen: Bei dreiviertel Gare wird das Backgut eingeschossen. Die Ofentemperatur beläuft sich auf 210 Grad, ohne Dampf, und es wird mit geöffnetem Zug gebacken. Backzeit: 15 bis 30 Minuten, je nach Zopfgewicht. Hier handelt es sich natürlich um ganz klare und normale Abläufe in einer professionellen Bäckerei.

Und wie kann man das für einen handelsüblichen Haushaltsofen umsetzen? Wenn man den Vorgang erst einmal verstanden hat, ist das ganz einfach. Volle Gare bezeichnet die Verdoppelung des Teigvolumens, halbe und dreiviertel Gare als Angabe des Gärfortschritts sind somit selbsterklärend.

Die Einstellung des Ofens ist allerdings noch eine wichtige Komponente. Die Temperatur bleibt auch im Haushaltsofen die gleiche, den Dampf weglassen, ist auch kein Problem. Doch was ist mit dem Zug, und warum ist der wichtig? Wie an einem Kamin hat auch der professionelle Ofen einer Bäckerei einen Schieber für den Zug, eine Klappe an einer Art Schornstein, die dazu dient, den Dampf und die Feuchtigkeit kontrolliert zu behalten oder entweichen zu lassen. Im Haushaltsofen ist die trockene Hitze durch Umluft garantiert.

Dennoch empfehle ich zuhause die etwas „saftigere“ Art von Ober- und Unterhitze zu wählen und zusätzlich Dampf einzubringen. (siehe: „ Schwadenwanne“). Nach 25 Minuten waren unsere Zöpfe fertig und sahen unbeschreiblich schön, sehr akkurat und appetitlich aus. Eben eine echte Meisterarbeit.

Wir fuhren mit der Herstellung des Biskuitbodens (Wiener Masse) fort. Zufällig hat die Akademie das Rezept vor kurzem ein wenig optimiert, und Felix war sichtlich stolz, mir die Neuerung zu zeigen. Dabei handelt es sich um eine „Wiener Masse“, bei der Öl mitverwendet wird. Durch das Öl wird der Boden noch fluffiger und die zugeführte Feuchtigkeit viel länger eingespeichert.

Das Vollei wird mit Zucker, Zitrone, Vanille und Salz bei 25 Grad zehn Minuten lang mit hoher Geschwindigkeit aufgeschlagen. Dann kommt das Öl hinzu und wird weitere zehn Minuten bei niedriger Geschwindigkeit geschlagen, bis sich die Masse stabilisiert hat. Unter die ausgeschlagene Masse wird nun das gesiebte Mehl-Weizenpuder-Gemisch untergehoben. Diesen Vorgang bezeichnet man auch als „Melieren“. Die Wiener Tortenböden werden bei 190 Grad für 30 Minuten in den Ofen geschoben, die Bisquit-Rouladen bei 220 Grad für nur sieben Minuten. Was soll ich sagen, die Böden waren wahrhaftig meisterlich.

Während meines Besuches der Akademie konnte ich feststellen, dass sich die Ausbildung zum Bäcker in den letzten 30 Jahren wesentlich weiterentwickelt hat. Das hat mich sehr beeindruckt und fasziniert. Herzlichen Dank dem Direktor der Akademie, Herrn Kütscher, für den exklusiven Einblick in den Alltag dieser Eliteschule des Bäckerhandwerks.

Das Hefeteigrezept folgt nun weiter unten, das Rezept zum perfekten Tortenboden bekommen Sie nur über den Newsletter. Also anmelden und Rezept sichern, denn diese werden außer in meinen Printmedien nicht veröffentlicht.

Der perfekte Hefeteig:

Dieses gelingsichere Rezept ist die Grundlage für endlos viele Hefegebäckvariationen. Hefezopf, Streuselkuchen, Obstkuchen, gefüllte Striezel, Rosinenbrötchen und vieles mehr sind mit diesem Rezept absolut sicher. Die Knetzeiten sind ebenso wichtig und zu beachten wie die Ruhezeiten. Die Zeit ist überhaupt das Wichtigste, wie im wirklichen Leben. Durch die Knetzeiten entsteht ein perfektes Klebergerüst, das für die Krume, das luftige Innere, verantwortlich ist. Zuerst wird der Vorteig gemacht. Alle Zutaten abwiegen und dann auf langsamer Stufe zwei Minuten kneten, danach auf schnellerer Stufe etwa drei Minuten fertig kneten.

ZUTATEN FÜR 1 kg HEFETEIG

FÜR DEN VORTEIG:

250 g Weizenmehl (Type 550 oder 405)

42 g Hefe (einen Würfel)

150 ml warme Milch (zirka 28 °C)

Ergibt 442 g Vorteig (30 Minuten ruhen lassen)

Nach der Mindestruhezeit von 30 Minuten des Vorteigs wird nun der Hauptteig abgewogen, alles zusammen in die Maschine und zwei Minuten auf schwacher Stufe, sowie vier Minuten auf schnellerer Stufe fertig geknetet. Dann folgt noch einmal eine Teigruhe von 20 Minuten. Nun ist der Hefeteig bereit zum Abwiegen und zur Weiterverarbeitung.

FÜR DEN HAUPTTEIG:

442 g Vorteig

250 g Weizenmehl (Type 550 oder 405)

75 g Zucker

100 g Butter (Zimmertemperatur)

5 g Salz

1 Ei, Klasse M (Zimmertemperatur)

80 ml Milch (Zimmertemperatur)

Ergibt ca. 1000 Gramm Hefefeinteig